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„Stille sein“ und Bonhoeffer

Christoph Landes • Mai 11, 2021

"Stille sein" und Bonhoeffer

"Stille sein" und Bonhoeffer

"Es liegt im Stille sein eine wunderbare Macht der Klärung, der Reinigung, der Sammlung auf das Wesentliche."

Dieser Satz von Dietrich Bonhoeffer (1906 - 1945) ist mir in einem Post begegnet. Große Worte, die der Theologe, Autor und Märtyrer da gebraucht. Stille. Heute Morgen, Kaffeetrinken auf der Terrasse – Vogelgezwitscher. Das hat was von Stille. Es beruhigt. Jetzt, im Büro – Autos, die an der Straße vorbeifahren. Hintergrundrauschen. Keine Stille. Ein Eichhörnchen, das vor dem Fenster über die Wiese springt. Stille. Ist Stille bloße Achtsamkeit auf das was um mich herum passiert? Ein reinspüren in mich, was mir gut tut, was mich ruhig macht? Für Bonhoeffer ist Stille anscheinend mehr. Macht, die zu Klärung, Reinigung und Sammlung auf das Wesentliche führt. 

Solche Momente der Stille können einfach so passieren. Geschenkte Augenblick. Erlebte Schönheit, einfach so im Alltag. Momente der Stille, die anregen zum Innehalten. Zu Besinnung und Kontemplation. Wenn ich diese Momente wahrnehme und zulasse. Das kann man lernen. Entschleunigen, den Terminkalender nicht zu eng Takten. Den Mitmenschen begegnen und wahrnehmen.

Solche Momente der Stille können auch bewusst eingeplant werden. Kurze Momente oder längere Momente und Zeiten. Minuten, Stunden, Tage… Ich versuche regelmäßig morgens in die Stille zu gehen. Als Christ richte ich meine Gedanken auf Gott aus. Ich versuche es zumindest. Da kommen so viele geschäftige Gedanken hoch. Was ist noch zu tun, was erwarten andere von mir, was erwarte ich von mir…. Es dauert zur Ruhe zu kommen und Stille zu finden. Mal gelingt es besser, mal weniger gut. Manchmal habe ich das Gefühl, ich höre Gottes Reden und manchmal ist da nichts. Nur Ruhe. 

Aus der Biografie von Dietrich Bonhoeffer glaube ich zu erkennen, dass für ihn noch mehr in dieser Stille steckt. Mit 17 Jahren war er sehr jung, als er sein Theologiestudium beginnt. Er legt eine akademische Karriere hin, die seines Gleichen sucht. Mit Ehrgeiz geht er der Theologie nach. Bis er für sich die Bibel entdeckt. Nicht als Grundlage für theologische Studien, sondern für sich ganz persönlich. Es klingt fast paradox. Aber manche Zitate aus seinen Briefen lassen es erahnen. Als Theologe bearbeitet er die Bibel theologisch. Im Lesen der Bibel wird er zum Christen. 

Stille – diese wunderbare Macht der Klärung, der Reinigung, der Sammlung auf das Wesentliche. In dieser Stille – ich denke, in der Begegnung mit Christus – findet Bonhoeffer seine Lebenshaltung. Eine Haltung, die sich dem Zeitgeist des Nationalsozialismus entgegen stellt. Eine Haltung, die Gerechtigkeit sucht. Aus der Stille mit Gott findet er Kraft, die für ihn wesentlichen Schritte zu gehen.


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